Die Gründung der Tschechoslowakei
Während des I. Weltkrieges geriet des Staatenwesen Österreich-Ungarns auf die Seite der Besiegten. Dies war jedoch nur noch das Ergebnis der allmählichen Destruktion des tönernen Kolosses, zu dem Österreich-Ungarn Anfang des 20. Jahrhunderts geworden war. Es handelte sich um ein aus vielen Völkern bestehendes Konglomerat, in dem zunehmend zentrifugale nationale Tendenzen Überhand nahmen. Hierzu gehörte auch der Kampf der Böhmischen Länder um einen eigenen Staat.
Diese Bemühungen wurden durch den I. Weltkrieg für kurze Zeit unterbrochen, und jegliche Initiative in dieser Richtung ging nun vom tschechischen Exil aus, an dessen Spitze T.G. Masaryk stand. Eine wahre Hilfe gegenüber den Ententemächten waren dabei die tschechoslowakische Ausandslegionen, die es ablehnten, für Österreich-Ungarn zu kämpfen und oftmals sogar gegen die K.u.K.-Monarchie kämpften.
In der Jahresmitte 1918 erhielt Masaryk Zusicherungen von Vertretern der Entente, und in der vom Kriegsende geprägten Atmosphäre kam es hinsichtlich der Unabhängigkeit zu einer Reihe von Durchbrüchen. Am 14.10. fand ein Generalstreik statt, und in Písek wurde vorzeitig die Unabhängigkeit erklärt, worauf Österreich mit der Entsendung ungarischer
Verbände reagierte.
Am 28.10. wurde die Genfer Konferenz eröffnet, auf der Karel Kramář als Vorsitzender der Delegation des Volksrates Gespräche mit Edvard Beneš, einem wichtigen Vertreter des antiösterreichischen Auslandswiderstandes, führte. Inhalt der Gespräche war die Entstehung und die Gestalt des unabhängigen tschechoslowakischen Staates. In Böhmen begannen Verhandlungen mit Vertretern der österreichischen Verwaltung.
Diese resiginierte Ende Oktober/Anfang November, so dass am 28.10. die Unabhängigkeit der Tschechoslowakei erklärt wurde, deren erster Präsident am 13. November T.G. Masaryk wurde. Das ebenfalls im Entstehen begriffene Ungarn geriet sogleich in Gebietsstreitigkeiten mit der Tschechoslowakei. Auf dem Gebiet der Slowakei kam es wiederholt zu Kämpfen, die erst im Juni 1919 vom Versailler Vertrag gelöst wurden, in dem unter anderem die Grenzen der Nachfolgestaaten festgelegt wurden. Im Jahr 1920 mündete der Prozess in der Verabschiedung der tschechoslowakischen Verfassung. Der neue Staat begab sich damit auf den Weg der vollen Anerkennung und erlangte nicht nur Dank seiner weit entwickelten Industrie bald einen Platz unter den zehn am weitesten entwickelten Staaten der Welt.