Václav Havel
Havel stammt aus einer Unternehmerfamilie. Während des Prager Frühlings wirkte er im Verband unabhängiger Schriftsteller (Klub nezávislých spisovatelů) sowie im Verband engagierter Parteiloser (Klub angažovaných nestraníků). Mit dem Beginn der sog. Normalisierung, die nach der Unterdrückung des Prager Frühlings im Frühjahr 1968 durch die Truppen des Warschauer Paktes folgte, musste er das Theater verlassen. Im Jahr 1975 gründete er die Samisdat-Reihe Edice Expedice, in der unabhängige Literatur per Schreibmaschine vervielfältigt und herausgegeben wurde. Gleichzeitig trat er gegen politische Repressionen auf. Im Jahr 1975 schrieb er einen offenen Brief an Präsident Gustav Husák. Der Höhepunkt dieser Aktivitäten war die Veröffentlichung der Charta 77 im Januar 1977. Sein politisches Engagement kostete Havel insgesamt 5 Jahre Gefängnis. Die internationale Menschenrechtsorganisation Amnesty International nahm ihn als sog. Gefangenen des Gewissens auf.
Im November 1989 wurde er zu einem der führenden Vertreter der Samtenen Revolution, und am 29. Dezember 1989 wurde er von der kommunistischen Föderalversammlung nach 40 Jahren zum ersten tschechoslowakischen nichtkommunistischen Präsidenten gewählt.
Nach den freien Wahlen wurde er dann am 5. Juli 1990 zum zweiten Mal zum Präsidenten gewählt. Als klar wurde, dass die Föderation mit der Slowakei auf eine Spaltung zustrebte, legte er sein Amt am 20. Juli 1992 nieder und zog sich für mehrere Monate aus dem politischen Leben zurück. Am 26. Januar 1993 wählte die Abgeordnetenkammer Václav Havel zum ersten Präsidenten der Tschechischen Republik. Zusammen mit seinem Bruder Ivan Havel wurde ihm im Restitutionsverfahren das Palais Lucerna zurückgegeben. Der Bruder übertrug seinen Anteil im Jahr 1992 auf seine Gattin Dagmar[1]. Nach verschiedenen Gerichtsverfahren verkaufte Václav Havel seinen Anteil 1997 für 200 Millionen Kronen an das Unternehmen CHR (Chemapol Reality), von denen er 50 Millionen in die neu gegründete Stiftung Nadace Dagmar a Václava Havlových VIZE 97[2] einbrachte.
Im Jahr 1996 starb seine Frau Olga, während Havel selbst erfolgreich gegen eine schwere Tumorerkrankung kämpfte. Im Jahr 1997 heiratete er die Schauspielerin Dagmar Veškrnová. Im Jahr 1998 wurde er erneut in das Amt des Staatspräsidenten
gewählt. Dieses Amt verließ er mit dem Ende seiner zweiten Amtszeit am 2. Februar 2003. Sein Nachfolger wurde der ehemalige Premierminister Václav Klaus.
In der zweiten Hälfte seiner Präsidentschaft korrigierte Havel seine bisherige überwiegend pazifistische Einstellung und äußerte mehrfach seine Unterstützung militärischer Eingriffe, insbesondere zum Eingreifen der NATO gegen Jugoslawien und zum Irakkrieg der USA.
In seinem Amt als Präsident wurde er eher kontrovers beurteilt. Einer seiner ersten Schritte war eine umfangreiche Amnestie, bei der zwei Drittel aller Straftäter entlassen wurden (die politischen Gefangenen waren bereits vor seinem Amtsantritt freigelassen worden). Ein großer Teil der tschechischen Öffentlichkeit war mit der Anzahl der von Havel stattgegebenen Gnadengesuche einschließlich derer, die in Gerichtsverfahren gegen Bekannte Havels eingriffen, nicht einverstanden. Auch die Heirat mit Dagmar Veškrnová schädigte Havels Ansehen in der Öffentlichkeit. Seine politischen Gegner, z.B. Václav Klaus, warfen Havel ein allzu aktives Eingreifen in die Tagespolitik vor, vor allem die aktiven Eingriffe in die Regierungsbildung (insbesondere die Bildung der "Beamtenregierung" von Josef Tošovský im Jahr 1997), sowie auch den Gebrauch des präsidialen Vetorechts und weiterer Amtsvollmachten. Weitere Kritikpunkte waren die Politik hinter den Kulissen, die Unterstützung der sog. Burgparteien (KDU-ČSL, Unie svobody) sowie Havels Unterstützung der Zivilgesellschaft.
Während Havels Popularität in Tschechien während seiner Amtszeit eher zurückging, blieb sein Renommee im Ausland davon unbeeinflusst. Havel blieb mit Recht eine Ikone des Kampfes für Freiheit und Demokratie, wiederholt wurde er für den Friedensnobelpreis vorgeschlagen. Die ehemalige US-Außenministerin Madeleine Albright sagte über Václav Havel: „Präsident Havel hat das tschechische Volk zu einem stolzen Volk gemacht, und auch ich bin dank ihm stolz darauf, dass ich als Tschechin geboren bin. Ich glaube, dass er auf der internationalen Bühne sehr fehlen wird. Für viele Menschen auf der Welt bedeuten die Wörter 'Havel' und 'Tscheche' ein- und dasselbe. Havel hat Prag und die gesamte Tschechische Republik auf die politische Landkarte nach dem Kalten Krieg gebracht.“