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20. století

Die Expo ´58 und die Architektur der 60. Jahre

Höhepunkt und Fall der tschechischen Nachkriegsarchitektur
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Chrustschows Kritik am Personenkult brachte auch im Bereich der Architektur eine gewisse Lockerung; von nun an galt es, „Überflüssiges,“ d.h. historisierende Ornamente zu vermeiden. Die Ergebnisse der neuen Architekturkonzeption waren teils bemerkenswert, teils aber auch problematisch. In einzelnen exklusiven Bauvorhaben gelang es, an die Vorkriegstradition anzuknüpfen und eine einzigartige Symbiose von Architektur und künstlerischer Verzierung zu schaffen. Schauplatz dieser „Wiedergeburt“ der tschechischen Architektur war bereits im Jahr 1958 die Ausstellung EXPO 58 in Brüssel, wo der Beitrag der Tschechoslowakei den Hauptpreis gewann - das Restaurantpavillon wurde anschließend von Brüssel nach Prag gebracht und steht noch heute im Letná-Park. Der neue „Brüsseler Stil,“ der sich durch einfache Architektur, moderne künstliche Baustoffe, kühne Formen und ausgeprägte Farben auszeichnete, wurde in der Tschechoslowakei zu einem der wichtigsten Symbole der Lockerung in den 60. Jahren. Die Architektur der 60. Jahre war sehr selbstbewusst und geprägt von einem – aus heutiger Sicht vielleicht übertrieben provokativen – Mut zur Konfrontation moderner Formen mit dem historischen Umfeld. Zu den bedeutendsten Architekten dieser Zeit gehörte Karel Prager, dessen Hauptwerke (das Makromolekularinstitut im Stadtteil Petřiny und das Gebäude der Föderalversammlung neben dem Nationalmuseum) in ihrer Konzeption und Bautechnologie einen Höhepunkt darstellen, der sich in seiner Qualität durchaus mit dem architektonischen Schaffen des Westens messen konnte. Weitere bemerkenswerte Bauten sind das originell angelegte Kaufhaus Kotva auf dem Platz der Republik (Eheleute Machonini, 1971-75) oder auch das Hotel Intercontinental, das Karel Filsak 1967-74 in Zusammenarbeit mit den bedeutendsten damaligen Künstlern am Ende der Pařížská-Zeile erbaute. Diese und weitere Bauwerke zeigen, dass die tschechische Architektur nach der Zäsur der Stalin-Ära überraschend schnell in der Lage war, an die unterbrochene Tradition anzuknüpfen und diese inventionsreich mit den zeitgenössischen westlichen Trends zu verbinden. Diese vielversprechende Entwicklung wurde durch die Invasion der Sowjetarmeen im Jahr

1968 und durch die darauffolgende Zeit der sog. „Normalisierung“ jäh beendet. Was folgte war ein weiterer, diesmal noch weitreichenderer gesellschaftlicher und künstlerischer Niedergang, dem in der Architektur nur wenige vereinzelte, dafür aber um so wertvollere Bauten entgegentraten (das ČKD-Haus am unteren Ende des Wenzelsplatzes und die Bahnhofshalle des Hauptbahnhofes, beide nach Plänen der Eheleute Šrámek, oder auch das Kaufhaus Máj des Ateliers SIAL).
Ein Kapitel für sich sind die Plattenbausiedlungen. Neben der „künstlerischen Linie“ der neuen Architektur entwickelte sich ab dem Ende der 50. Jahre auch deren industrielle Variante, die in der Gestalt von präfabrizierten Plattenbauten die historischen Städte überschwemmte und für lange Jahrzehnte die einzig mögliche Form der „Entwicklung“ von Wohnvierteln darstellte. Bis auf wenige Ausnahmen (z.B. die bemerkenswerte Siedlung Invalidovna in Prag 8) zeichneten sich diese Bauten durch geringe oder gar nicht vorhandene Sensibilität gegenüber dem historischen Organismus der Städte aus. Seinen Tiefpunkt erreichte der Plattensiedlungsbau in den 70. Jahren, als die Plattenbauten einfach entlang der Baukranbahnen geplant wurden und die Architekten auf das Ergebnis ihrer Entwürfe keinen Einfluss mehr hatten. Wenn man beispielsweise an den Metro-Stationen Roztyly oder Chodov in der Prager Südstadt aussteigt, so sieht man beide Male zum Verwechseln ähnliche Plattenbausiedlungen. Da beide Siedlungen in ihrem Grundriss praktisch identisch sind, ist es keine Kunst, Haustüren zu verwechseln, die hunderte Meter voneinander entfernt liegen. Leider wurde gerade in diesen Normalisierungsjahren am meisten gebaut, so dass das Erbe der Plattenbausiedlungen eines der größten und in der Zukunft nur schwer lösbaren Probleme Prags darstellt.
Eines der positiven Ergebnisse der Samtenen Revolution ist auch die Einstellung des Sanierungsvorhabens im Stadtteil Žižkov, wo die gesamte historische Bebauung abgerissen werden sollte und an ihrer Stelle Plattenbauten praktisch im Stadtzentrum entstehen sollten. Einige Häuserblöcke wurden bereits auf diese Weise "saniert", die Samtene Revolution setzte diesem Spuk glücklicherweise ein Ende.

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