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20. století

Der Funktionalismus

Vom Ornament zur reinen Geometrie
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Purismus, Konstruktivismus bzw. Funktionalismus sind Begriffe, mit denen verschiedene Aspekte eines bemerkenswerten Phänomens bezeichnet werden sollen, das die europäische Architektur in den 20. Jahren des vergangenen Jahrhunderts in seinen Bann zog. Es war der Höhepunkt der bewegten Suche nach einer neuen, modernen Architektur, deren Anfänge in der Ablehnung des Historismus lagen, die sich in den verschiedensten Formen des Jugendstils fortsetzte und schließlich in der Ablehnung des Ornaments als solchem mündete, das als störendes Element des beeindruckenden „Spiels der Baukörper unter der Sonne“ empfunden wurde. Weiße Gebäude mit breiten Langfenstern wurden durch den Einfluss von Persönlichkeiten wie Le Corbusier oder Ludwig Mies van der Rohe zum neuen Architekturideal; durch strenge Reduktion gelangte man zu den Wurzeln der architektonischen Raumkomposition. Eines der wichtigsten Zentren, in denen diese neue Architekturauffassung entwickelt wurde, war von Anfang an Prag. Der Funktionalismus wurde hier nicht nur passiv rezipiert, sondern in Theorie und Praxis weiterentwickelt. Dank des Talents und der Begeisterung einer ganzen Generation junger Architekten wurde Prag zu einer Art Architekturlabor, dessen Bedeutung die Grenzen der Tschechoslowakei weit überschritt.
In der Vorstellung vieler funktionalistischer Architekten war ein Haus lediglich eine Wohnmaschine. „Die Form muss der Funktion folgen!“, schrieben sie in ihren theoretischen Abhandlungen, wobei die Architektur in ihren Augen eine bloße Wissenschaft war, die keinerlei künstlerische Ambitionen haben durfte. Dieser zugespitzte „wissenschaftliche“ Funktionalismus hatte jedoch von Anfang an Gegner unter den Architekten selbst, die in der weißen Architektur Schönheit, ideale Proportionen, aber auch die Poesie von Ozeandampfern oder die Atmosphäre eines Sommertages sahen. Rückblickend kann man sagen, dass sich diese beiden

Gegenpole mit der Zeit aneinander annäherten: Auch die in der Zwischenkriegszeit entstandenen „wissenschaftlichsten“ Bauwerke sind mit Sinn für Proportionen und Harmonie erbaut und atmen die unverwechselbare Poesie jener Zeit der schönen Ideen und des ewigen Fortschritts.
Die ersten funktionalistischen Bauwerke Prags wurden im historischen Umfeld der Prager Neustadt erbaut. Die Architekten mussten dabei die historischen gotischen Grundrisse der Grundstücke respektieren, die zu dem spezifischen Typus des „funktionalistischen Prager Hauses“ führten. Es entstanden funktionalistische Häuser und Kaufhäuser, beispielsweise auf dem Wenzelsplatz das Baťa-Palais und das Lindt-Palais des Architekten Ludvík Kysela aus den Jahren 1925-29, das Hotel Juliš des Architekten Pavel Janák aus den Jahren 1927-33, in der Straße Na Příkopě die Passage Černá růže des Architekten Oldřich Tyl aus den Jahren 1929-33, oder in der Spálená-Straße das Palais Olympic des Architekten Jaromír Krejcar aus den Jahren 1925-26. Das größte funtionalistische Bauwerk Prags ist der Ausstellungspalast (Veletržní palác) der Architekten Oldřich Tyl und Josef Fuchs (Prag-Holešovice, erbaut in den Jahren 1924-28), in dem sich heute die Sammlung moderner Kunst der Prager Nationalgalerie befindet. Die funktionalistische Umsetzung von Villen und Einfamilienhäusern zeigt am besten das bemerkenswerte Villenviertel Baba im Stadtteil Prag 6, in dem fast alle wichtigen tschechischen Architekten der Zwischenkriegsjahre vertreten sind. Durch die deutsche Besatzung und den II. Weltkrieg wurde die Entwicklung der funktionalistischen Architektur gewaltsam beendet. Dies war auch ein Grund dafür, dass der tschechische Funktionalismus zum Symbol der verlorenen „goldenen Zeit“ und gleichfalls zum höchsten künstlerischen Maßstab wurde, an den die tschechische Architektur in den folgenden Jahrzehnten des 20. Jahrhunderts bewusst anknüpfte.

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