Maria Theresia
Einzige und dabei bedeutende Frau in der Linie der Habsburger Regenten. Ihr Amt trat sie in einer schwierigen Zeit an, in der sie Druck von allen Seiten aushalten musste. Einige dieser Schwierigkeiten konnte sie mit großem Erfolg meistern.
Als älteste Tochter Karls VI. übernahm sie die Regentschaft nach dem Tod des Vaters am 20. Oktober 1740 auf Grundlage der sog. Pragmatischen Sanktion, mit der die Unteilbarkeit der Habsburger Erbländer und die Thronfolge des erstgeborenen Nachkommen sowohl in männlicher als auch in weiblicher Linie festgelegt wurde.
Das Erbe des Vaters befand sich jedoch in einem traurigen Zustand. Erfolglose Kriege hatten die wirtschaftlich rückständige Monarchie finanziell ausgeblutet und die Armee in moralischem Verfall zurückgelassen. Es fehlte an Führungspersönlichkeiten in Armee und Politik. Bereits die ersten Tage und Wochen ihrer Regierung zeigten Maria Theresia überdies, dass die großen Bemühungen, die Karl VI. auf die internationale Anerkennung der Pragmatischen Sanktion aufgewendet hatte, vergeblich waren. Der bayerische Herzog Karl Albrecht, dessen Gattin eine Tochter Kaiser Josephs I. war, erhob Ansprüche auf die böhmischen und österreichischen Länder und erkannte Maria Theresia nicht als Thronnachfolgerin an. Der Preußenkönig Friedrich II. forderte die Abtretung schlesischer Fürstentümer, und als Maria Theresia ablehnte, fiel er im Dezember 1740 mit seinen Truppen in Schlesien ein. Spanien erhob Ansprüche auf die Lombardei. Albrecht gewann die Unterstützung Frankreichs und anderer Länder, und im November 1741 drangen bayerische, französische und sächsische Armeen in Böhmen ein. Als unsicherer Verbündeter blieb Maria Theresia nur noch England. Und so musste sich die junge Herrscherin in den ersten acht Regierungsjahren vor allem mit der "Männersache" Krieg beschäftigen. In einer langen Reihe von Schlachten verlor sie im sog. Österreichischen
Erbfolgekrieg fast ganz Schlesien (mit Ausnahme von Teschen, einem Teil Troppaus, Jägerndorfs und Nissas) und einige kleinere Gebiete in Italien. Im wichtigsten Punkt siegte sie jedoch und erkämpfte sich das Recht auf die Regentschaft in der Monarchie. Nach dem Tode Karl Albrechts von Bayern setzte sie ihren Ehemann Franz Stephan von Lothringen 1745 in der Wahl zum Kaiser des Heiligen Römischen Reiches Deutscher Nationen durch.
Maria Theresia bewies in dieser schwierigen Zeit eine bewundernswerte Energie, Mut und Entschlossenheit. Die bezaubernde blonde Dame von schlankem hohem Wuchs wurde im Laufe dieser Jahre etwas fülliger, was aber "ihrer Schönheit erhabene Majestät hinzufügte".
Die kriegerischen Auseinandersetzungen dieser Jahre, ebenso wie der spätere Siebenjährige Krieg gegen Preußen, der in totaler wirtschaftlicher Erschöpfung beider Staaten endete und alle Hoffnung auf die Wiedererlangung Schlesiens begrub, überzeugte Maria Theresia anschaulich von der wirtschaftlichen Rückständigkeit des Habsburger Reiches. Die Regentin begriff, dass die traditionelle Machtstellung ihrer Monarchie in Europa ohne eine rasche Überwindung dieser Rückständigkeit nicht gehalten werden konnte. Und da die Erhaltung der Macht ihrer Dynastie für sie stets das Hauptmotiv ihres Wirkens war, begann sie, ihr Reich zu modernisieren. Die Zeit ihrer Herrschaft wurde zu einer Periode umfangreicher und vielseitiger Reformen und markierte den Beginn und die wesentliche Entwicklung der Ära des sog. aufgeklärten Absolutismus in Österreich. Als solcher wird ein Regierungssystem bezeichnet, in dem die für die Entwicklung der Gesellschaft notwendigen Reformen von oben, d.h. vom aufgeklärten Herrscher über den Staat eingeführt werden. Dank der Reformen wurde aus dem Habsburger Konglomerat sehr verschiedener Länder ein moderner zentralisierter Staat, der sich dem Jahrhundert der Aufklärung anpasste.