Die Slavnikiden
Das Verhältnis der Slavnikiden zu den Přemysliden gehört zu den noch heute diskutierten Fragen der tschechischen Geschichte.
Am häufigsten vertreten wird die sog. duale Theorie, die einen Machtkampf zweier Adelsgeschlechter vorsieht, der schließlich gegen Ende des 10. Jahrhunderts seinen Höhepunkt fand, als der Sitz der Slavnikiden ausgerottet wurde und die Teilnahme dieses Adelsgeschlechts am Kampf um die Macht im böhmischen Talkessel damit de facto beendet war. Diese Theorie wurde von der Goll-Schule vertreten und durch archäologische Untersuchungen Rudolf Tureks gestützt. Aufgrund des Renommees Tureks wurde diese Theorie bis Anfang der 90. Jahre des 20. Jahrhunderts nicht in Frage gestellt.
Nach einer
neuen Theorie, die insbesondere von dem Historiker Sláma vertreten wird, geht man davon aus, dass die Slavnikiden Verwandte der Přemysliden waren und dass ihre Aufgabe in der Bewachung des wirtschaftlich extrem wichtigen Handelsweges Trstenice bestand. In dieser Geschichtsauffassung gelten sie lediglich als ein kleineres Adelsgeschlecht, dass sich in seinem Machtumfang in keinem Falle den Přemysliden nähern, geschweige denn mit diesen konkurrieren konnte.
Die ursprüngliche dualistische Theorie des "romantischen" Zweikampfs zweier mächtiger Adelsgeschlechter hat sich jedoch so stark ins allgemeine Bewusstsein eingegraben, dass die moderne revidierte Theorie leider nur in Fachkreisen wahrgenommen wird.