Johannes Hus
Johannes Hus war ein böhmischer geistlicher Denker des Mittelalters und Rektor der Prager Universität. Er kritisierte den moralischen Verfall der Kirche, wobei er von den Gedanken des englischen Reformers John Wyclif beeinflusst war. Für seine Ansichten wurde er von der Kirche verfolgt und schließlich im Rahmen des Konstanzer Konzils als Ketzer auf dem Scheiterhaufen verbrannt. Sein Tod lieferte die Intialzündung zum Hussitenaufstand und stellte gleichzeitig eine Vorstufe zur späteren europäischen Reformation dar. Hus wurde exkommuniziert und erst 1999 von Papst Johannes-Paul II. rehabilitiert und als Kirchenreformer anerkannt. Das Datum seiner Verbrennung ist in Tschechien ein gesetzlicher Feiertag.
Hus studierte an der Prager Universität und wurde 1396 Magister. Als Professor wurde er im Jahr 1400 zum römisch-katholischen Priester geweiht und begann, seine berühmten Predigten zu halten. Von 1402 an predigte er in der Bethlehemskapelle, später wurden seine Predigten auch von Königin Sophie besucht, die ihn leidenschaftlich verteidigte (auch König Wenzel von Luxemburg war ihm gewogen). Hus war an der Universität der führende Vertreter der Gedanken Wyclifs. Dort schwoll der Streit zwischen den Anhängern Wyclifs und seinen Gegnern, insbesondere den deutschen Magistern, immer mehr an. Zum Schluss wuchs der Streit über den Boden der Universität hinaus und beschäftigte sowohl den römischen Papst als auch König Wenzel von Luxemburg. Der König benötigte die Unterstützung der Universität für das anstehende Konzil zu Pisa, das seinen Anspruch auf den Titel eines römischen Königs bestätigen sollte. Er wollte die Universität überzeugen und gab daher das sog. Kuttenberger Dekret heraus, in dem das Stimmenverhältnis zu Gunsten der böhmischen Magister neu geregelt wurde. De facto hob er damit die Entscheidungsgewalt der deutschen Nationen auf. Dies führte 1409 zu einem massiven Weggang der deutschen Magister von der Universität.
Die Situation verschärfte sich im Jahr 1411, als Hus weiter unbeirrt Wyclifs Lehre predigte und von Papst Johannes XXIII. exkommuniziert wurde (unter anderem deshalb, weil Hus den Papst in Avignon unterstützte). Hus trat gegen den Aufruf des Papstes zum Kreuzzug nach Neapel auf und kritisierte scharf den Ablasshandel, er ging sogar so weit, den Papst als Antichristen zu bezeichnen. Der Papst verhängte daraufhin den Kirchenbann über Hus und verbot ihm damit das öffentliche Predigen. Hus musste Prag verlassen, hatte aber auch auf dem Lande zahlreiche Anhänger.
Auf den Kirchenbann reagierte Hus, indem er sich auf Christus als höchsten Richter berief, ein kühner und beispielloser Schritt.
Ende des Jahres 1413 wurde das Konstanzer Konzil einberufen, auf dem auch sein Fall verhandelt werden sollte. Mit einem Geleitbrief von König Sigismund trifft Hus 1414 auf dem Konzil ein, bereit für eine Disputation, nicht jedoch für einen Prozess, in den seine Vorladung sich dann verkehrte. Hus wurde in Konstanz interniert und anschließend verhaftet. Sigismund bat um seine Freilassung, der Konzil drohte jedoch auseinanderzugehen, so dass Sigismund schließlich unter der Bedingung nachgab, dass man Hus öffentliches Gehör gebe. Im März 1415 wurde der Prozess gegen Hus für eine kurze Zeit durch die dramatischen Verwickelungen zwischen dem Konzil und Papst Johannes XXIII. überschattet, der zunächst einer Abdankung zustimmte, daraufhin jedoch floh und seine Abdankung widerrief. Der Konzil eröffnete gegen den Papst ein Verfahren und setzte ihn in Abwesenheit ab.
Der Prozess gegen Hus wurde eröffnet und es fanden mehrere öffentliche Anhörungen statt. Hus forderte jedoch, dass das Konzil seine Thesen widerlegen sollte, was als Hoffart interpretiert wurde, und so wurde Hus aufgefordert, abzuschwören. Hus lehnte dies ab und wurde daraufhin als Häretiker bezeichnet. Nachdem Hus zum dritten Mal eine Widerrufung ablehnte, wuschen sich die Kirchenvertreter über ihm die Hände und übergaben ihn der weltlichen Gewalt, die ihn zum Feuertod verurteilte. Unmittelbar vor Vollstreckung des Urteils wurde ihm erneut angeboten, auf Befehl König Sigismunds zu widerrufen, Hus lehnte jedoch erneut ab und starb am 6.7.1415 auf dem Scheiterhaufen. Seine Verbrennung führte zu einem gewaltigen Aufstand seiner Anhänger in Böhmen, die das Urteil als Ablehnung der Böhmischen Krone als solche sowie als Mord an einem Heiligen empfanden. Die darauf folgende Eskalation führte bis zu den Hussitenkriegen.
Die Gestalt Johannes Hus wurde später von den Vertretern der nationalen Erweckung, insbesondere von Alois Jirásek und danach von der kommunistischen Propaganda erheblich manipuliert. Hus war kein tschechischer Patriot, und schon gar nicht ein Revolutionär und Klassenkämpfer. Hus war in erster Linie Priester und als solcher erkannte er die Kirche als Ganzes an, wünschte sich jedoch in vielen Dingen eine Erneuerung der Kirche. Die allgemeinen Kenntnisse über Hus sind daher von diesen späteren Interpretationen verzerrt. Seine geschichtliche Bedeutung ist jedoch unbestreitbar.