Jan Patočka
Wahrscheinlich der bedeutendste tschechische Philosoph des 20. Jahrhunderts und einer der letzten Schüler Edmund Husserls. Einer der wenigen tschechischen Philosophen, der weltweite Anerkennung erlangte. Er setzte sich stark gegen totalitäre Regime ein, insbesondere gegen den Kommunismus.
Er studierte slawische Philologie, Romanistik und Philosophie an der Karlsuniversität. Im Jahr 1928 begegnete er in Paris E. Husserl und studierte später bei ihm und auch bei M. Heidegger in Freiburg Phänomenologie. Im Jahr 1936 habilitierte er mit der hervorragenden Arbeit "Die natürliche Welt als philosophisches Problem", die einen sehr starken Einfluss auf die Phänomenologiediskussion hatte. Während des Krieges unterrichtete er aufgrund der Schließung der Hochschulen an einem Gymnasium und wurde später zwangsweise als Bauarbeiter eingesetzt. Unter dem kommunistischen Regime konnte er als bekannte Persönlichkeit seine Position
an der Karlsuniversität halten, wurde jedoch verfolgt; die Persekutionen verstärkten sich nach seiner Unterzeichnung der Charta 77, zu der er auch mit grundlegenden Texten beitrug. Er wurde wiederholt vom Sicherheitsdienst verhört und es wird davon ausgegangen, dass er als Folge der psychisch anspruchsvollen Verhöre und seiner angeschlagenen gesundheitlichen Verfassung einem Schlaganfall unterlag.
Patočka war ein origineller Autor, der sich in seinem Werk mit der Phänomenologie Martin Heideggers auseinandersetzte und diese auf seine Weise weiterführte. Darüber hinaus inspirierte ihn die transzendentale Phänomenologie Husserls. Zu seinen Werken gehören "Negativer Platonismus" und insbesondere "Ketzerische Essays über die Geschichtsphilosophie". Er verfasste gleichfalls umfangreiche Studien zu Comenius. Patočka war außerdem ein ausgezeichneter Übersetzer klassischer Werke aus dem Französischen und dem Deutschen.