Das Haus gegenüber der St.-Nikolauskirche war unter dem Namen "altes Kolleg" bekannt, da sich hier in früheren Zeiten ein Kolleg für Bakkalaureaten, Magister und Studenten der Prager Hochschule befand. Am Kolleg herrschte eine strenge Hausordnung, und kein Student durfte sich nach Einbruch der Dunkelheit noch draußen aufhalten, andernfalls wurde er vom Pförtner gemeldet. Einer der Pförtner war stets sehr wachsam und machte vielen Studenten das Leben schwer, bewirkte gar ihren Ausschluss vom Kolleg. Und so fassten die Studenten einen raffinierten Plan, um den Pförtner zu bestrafen. Unter dem Vorwand, dass Diebe im Haus seien, lockten sie ihn in den Keller, wo sich der Pförtner zu seiner Überraschung von der gesamten Studentenschaft umringt sah. Sie standen im Kreis um einen Holzblock, auf dem die Axt lag und neben dem der vermummte Henker stand. Der Pförtner ging in die Knie und wurde von
den Studenten rasch gefesselt. Darauf wurde ihm das Urteil verlesen, das auf Tod durch das Beil wegen Quälereien an der Studentenschaft lautete. Vergeblich flehte er um Gnade, er musste vor dem Holzbock niederknien und ihm wurden die Augen verbunden. So sah er nicht, dass anstelle des Henkers zwei Studenten hinter ihn traten, in den Händen ein weißes Tuch, mit dem sie den Hals des Verurteilten wie mit dem Beil des Henkers berühren wollten. Den Pförtner packte jedoch solches Grauen, dass er vor Angst einen Herzanfall erlitt und neben dem Holzblock wie von der Axt des Henkers getroffen tot zu Boden sank. Der Scherz wurde so zur traurigen Wahrheit. Der Pförtner war jedoch ohne Sündenvergebung gestorben und fand im Grab keine Ruhe, so dass sein Geist noch immer durchs Kolleg wandelt, am Hals ein Mal wie vom Hieb einer Axt. Solange ihn keiner vollständig köpft, wird er keinen Frieden finden.